Quelle:Riesengebirgsheimat Juni 2012. Einreicher: Bernhard Hampel, Würzburg

"FREITER GESCHICHTLAN"


Ein früherer Lausbub berichtet aus seiner Kindheit

Der Fischer-Schmied

von Bernhard Hampel

Am Weg von Freiheit nach Marschendorf I kam man nach dem Pfeiffer-Tischler auf der linken Seite an einer Schmiede vorbei, dem Fischer-Schmied. Ein Kleinbetrieb – aber ungemein wichtig!

Im Parterre des Hauses, an der hinteren Wand, stand sein Ofen, in der Fachsprache dieses Handwerks heißt es wohl "Esse", in der in kürzester Zeit ein Eisenteil, ein Hufeisen, ein Wagenreifen, eine Achse, ein großer Nagel oder eine große Bauklammer weißglühend gemacht werden konnte, um es in Form zu schmieden.

Herr Fischer, ein älterer Herr mit weißem Oberlippenbart und einem schon etwas glänzenden Schlapphut, trug eine schwere, ebenfalls glänzende Lederschürze, die fast bis an die hohen Arbeitsstiefel reichte und den Körper auch um das Hinterteil umschloss. Es ist klar, wenn das Werkstück, das hellrot aus dem Feuer kam und auf dem, eher in der Mitte des Raumes stehenden, Amboss geschmiedet wurde, sprühten die Funken in alle Richtungen. Dagegen musste sich Herr Fischer natürlich schützen. Besonders beeindruckten mich die Klänge, die weit auf die Straße hinaus zu hören waren, wenn der Fischer-Schmied und sein Geselle ein größeres Stück Eisen in eine bestimmte Form bringen wollten. Das Ging-Gong von dem einen und das Pang-Päng vom Gesellen vermischten sich zu einer Art Musik. Wir Kinder durften natürlich nur aus gehöriger Entfernung zuschauen! Es war für uns, besonders für mich, faszinierend.

Der Umgang mit dem Werkstück war nicht das einzige, was meine Neugier rechtfertigte. Wer in den Kriegsjahren ein Auto besaß, musste es hergeben. Es musste "einrücken" wie die Menschen. Ausnahme in unserem Städtchen war der Richter-Frächter, heute würden wir sagen der Richter-Spediteur. Sein Lkw war wohl auch nicht mehr kriegstauglich. Er fuhr auch für unser Geschäft Säcke mit Schuhen, die repariert werden mussten und die wir nicht schaffen konnten, nach Nachod in eine Schuhfabrik.

Da kamen die Pferde wieder zu Ehren. Es gab im Städtchen Pferde in allen Papierfabriken, auch bei der Firma Wachs-Steffan. Bei Fortschreiten des Krieges hatten auch die Lazarette in Johannisbad Pferdewagen, winters Schlitten. Kohle und alle Versorgung besorgten Pferde. Der Fischer-Schmied hatte also viel Kundschaft. Pferde mussten ja in bestimmten Abständen beschlagen werden. Das war sehr spannend!

Zuerst wurde das abgelaufene Eisen vom Huf entfernt. In der Folge wurde mit einem besonderen Messer die Sohle des Hufes glatt geschnitten, auch hantierte Herr Fischer mit einer groben Raspel um zu ebnen. Dann kam der Geselle und brachte das glühende Hufeisen mit einer Zange. Herr Fischer stellte sich neben das Pferd mit Blick nach hinten und auf ein Kommando, das kurz und hart klang, hob das Pferd das Bein, Herr Fischer schob sein Knie unter den Huf und drückte das noch glühende Eisen auf den Huf, dass es nur so zischte und der beißende Rauch vom verbrannten Horn stieg auf und beleidigte die Nasen von uns Kindern. Ich rieche es heute noch!

Wenn das Eisen passte, wurde es mit sechs Nägeln angenagelt. Ich konnte nicht verstehen, dass diese Prozedur dem Pferd nicht weh tat, wenn glühendes Eisen auf den Huf kam. Mama gab Aufklärung! Nach dem Beschlag wurden die Hufe noch mit schwarzer Schmiere, wohl eine Art Fett, bestrichen und die Pferde hatten wieder neue Schuhe an den "Füßen".

Die Schmiede war für uns Kinder immer interessant, zumal wir täglich an ihr vorbeigingen, denn die Freiheiter Schule war Lazarett geworden und die Kinder mussten nach Marschendorf I laufen, öfters auch noch zwei Stunden an den Nachmittagen. Der Fischer-Schmied stand bei uns Kindern hoch im Kurs, er beeindruckte uns, nicht zuletzt wegen seinem Äußeren. Am 19. März feiern die Josefs, in unserer Heimat waren es die "Sefflan", ihren Namenstag. An diesem Tag strömten wir, aus der Marschendorfer Schule kommend, in die Schmiede und gratulierten vielstimmig zum Namenstag. Herr Fischer hat vermutlich erst durch die vielen überraschend auftretenden Gratulanten erfahren, dass er Namenstag hatte. Er lachte herzlich und freute sich sehr. Zuhause angekommen, wurde von der guten Tat berichtet.


< Home >     < Hirschbrunft >     < Mein Feriendomizil >

© Copyright 2012, www.riesengebirgler.de / www.freiheit.de.hm