Quelle:Riesengebirgs-Jahrbuch 1967

Aus der Geschichte der Stadt Freiheit

von Alois Tippelt, früher Freiheit

– Fortsetzung –

Die Turnhalle

Die im Jahre 1897 eröffnete Turnballe, ein Musterbau der Zeit, gehörte dem Turnverein Freiheit-Marschendorf. Sie hatte für Freiheit und für die umliegenden Ortschaften eine außerordentlich hohe Bedeutung. Ihre Geschichte und ihre Bedeutung als Zentrum des sportlichen und kulturellen Lebens der Bergstadt Freiheit werden wir zu gegebener Zeit in einem besonderen Beitrag würdigen.

Die Gasanstalt

Die Bürger des Bergstädtchens waren überaus erfreut, als im Jahre 1902 die Gemeinde auf einem 300 Quadratklafter Grund ein Gaswerk zum Preise von 15 000 fl. erbauen ließ, denn das Oelgas verkürzte ihnen die langen Winterabende und beleuchtete den Ringplatz. Die Gasanstalt stand an der Markung zwischen Freiheit und Jungbuch und zwar an der Stelle, wo sich der Johannisbach in die Aupa ergoss. Mit der Einführung des elektrischen Lichtes war jedoch ihre Aufgabe erfüllt. Von nun an stand das Werk einsam und verlassen da und wartete auf eine neue Bestimmung. Private Käufer fanden sich, die einzelne Räume an die Freiwillige Feuerwehr, bzw. an ein Elektrogeschäft bzw. an einen Produktenhandel verpachteten. Zuletzt war der Bau Eigentum der Möbeltischlerei Ruffer.

Die Hochquellenleitung

Die im Jahre 1894 fertiggestellte Hochquellen-Wasserleitung, deren Quellen am Abhang eines Ausläufers des Rehorngebirges liegen, wurde mit einem Kostenaufwande von 12 000 fl. errichtet. Sie lieferten nach den Untersuchungsergebnissen von Joles in Wien ein vorzügliches Trinkwasser in überreicher Menge bei 6 Ventilbrunnen. Wegen Feuersgefahr wurden auch drei Oberflur-Hydranten angelegt, die einen Wasserstrahl von 40 m Weite und 20 m Höhe bei einem Druck von 7,5 Atmosphären erzeugten.

Industrieunternehmen

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die industrielle Entwicklung auch in und um Freiheit eine geradezu stürmische Entwicklung. Wir nennen lediglich die größten Unternehmen:

      1. Papierfabrikation Roeder, später Eichmann, Marschendorf I., gegr. 1862
      2. Papierfabrikation Prosper Piette, Marschendorf I., gegründet 1862 bzw. 1867
      3. Papierfabrikation Ferdinand Schmidt, später Weißhuhn, gegründet 1890
      4. Wachswaren- und Kerzenfabrik Fa. Franz Stephan, Freiheit, gegründet 1899
      5. Maschinenfabrikation Hans Erwerth, Freiheit, gegründet 1895
      6. Dachpappenfabrikation Fa. J. A. Fiebiger, Oberjungbuch, gegründet 1886
      7. Pappendeckelfabrikation J. A. Fiebiger, Oberjungbuch, gegründet 1886
      8. Kalkwerke Bischof, vormals Frenzel
      9. Kunstschlosserei Fa. Wenzel Schneider, Freiheit

Dann waren noch etliche Kleinbetriebe wie die mechanische Drechslerei Fröhnl, eine Holzspulenfabrik, 2 Baugeschäfte (Schmidt u. Fimmel), eine Seilerei und sonstige größere handwerkliche Betriebe. Einst waren auch von Bedeutung zwei Steinbrüche, von welchen der eine an der alten Johannisbader Straße Quarzschiefer mit prachtvollen Dendriten und der andere am Kuhberg Glimmerschiefer lieferte.

Das Vereinswesen

Zwischen den beiden Weltkriegen haben folgende Vereine eine rege Aktivität entwickelt:

      1. der deutsche Turnverein Freiheit – Marschendorf
      2. die Freiwillige Feuerwehr mit einer Jugendwehr in den Zwanziger Jahren
      3. der Militär-Veteranen-Verein, später "Bund gedienter Soldaten", zuletzt Reichskriegsbund, Gruppe Freiheit
      4. Fußballclub Freiheit mit A- und B-Mannschaft
      5. Gesangsverein "HARMONIE", Freiheit
      6. Ortsgruppe des Deutschen Riesengebirgsvereines i. d. CSR, Freiheit
      7. Ortsgruppe des Deutschen Kulturvereines, Freiheit
      8. Ortsgruppe des "Bundes der Deutschen in Böhmen", Freiheit
      9. Freiheiter Museumsverein im die Erhaltung heimatlicher Denkmäler
      10. Ortsgruppe der Landeskommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge
      11. Die Studentenverbindung "ASZIBURGIA" eine Ferialis
      12. der Katholische Kirchenerhaltungs- und Verschönerungsverein, Freiheit
      13. der Katholische Frauenbund, Freiheit
      14. der Katholische Gesellenverein, Freiheit

neben mehreren Tischgesellschaften und politischen Vereinigungen.

Die Bürgermeister

1730 – 1760

 

Gottfried Finger

30

Jahre Amtsdauer

1760 – 1763

 

Joseph Fiebiger

3

Jahre Amtsdauer

1763 – 1764

 

Karolus Finger

1

Jahr Amtsdauer

1764 – 1770

 

Anton Stephan

6

Jahre Amtsdauer

1770 – 1786

 

Franziskus Huebner

16

Jahre Amtsdauer

1786 – 1788

 

Josef Patsch

2

Jahre Amtsdauer

1788 – 1790

 

Ignaz Höher

2

Jahre Amtsdauer

1790 – 1794

 

Joh. Jackob Fiedler

4

Jahre Amtsdauer

1794 – 1815

 

Josef Stephan

21

Jahre Amtsdauer

1815 – 1819

 

Franz Stephan

4

Jahre Amtsdauer

1819 – 1824

 

Ignaz Ettrich

5

Jahre Amtsdauer

1824 – 1829

 

Josef Ettrich

5

Jahre Amtsdauer

1829 – 1832

 

Ignaz Ettrich

3

Jahre Amtsdauer

1832 – 1844

 

Ignaz Baudisch

12

Jahre Amtsdauer

1844 – 1848

 

Franz Baudisch

4

Jahre Amtsdauer

1848 – 1871

 

Ignaz Ettrich

23

Jahre Amtsdauer

1871 – 1877

 

Josef Finger

6

Jahre Amtsdauer

1877 – 1885

 

Johann Thim

8

Jahre Amtsdauer

1885 – 1890

 

Johann Fiebiger

5

Jahre Amtsdauer

1890 – 1908

 

Franz Stephan

18

Jahre Amtsdauer

1908 – 1919

 

Johann Fiebiger

11

Jahre Amtsdauer

1919 – 1923

 

Franz Feix

4

Jahre Amtsdauer

1923 – 1925

 

Julius Etrich

2

Jahre Amtsdauer

1925 – 1932

  Rudolf Lissak

7

Jahre Amtsdauer

1932 – 1938   Wenzel Just
6
Jahre Amtsdauer
1938   Franz Tamm   Monate
1938 – 1945   MUDr. Franz Breuer
6
Jahre Amtsdauer

Als nach der letzten Jahrhundertwende das Wandern und Reisen zu einem organisierten Unternehmen aufblühte, erlebte die Bergstadt Freiheit – als das Tor in das Hochgebirge – einen großen verkehrstechnischen Aufschwung, insbesonders zwischen den beiden Weltkriegen, – und die einstige idyllische Ruhe und Abgeschiedenheit war dahin. Schon als Johannisbad als Kur- und Badeort an Bedeutung gewann, sah Freiheit viele einheimische und ausländische Gäste aus allen Herren Ländern. Seit dem Jahre 1871 besteht die Eisenbahnlinie Trautenau – Freiheit/Johannisbad. Der nun einsetzende Touristenstrom nahm über die Hauptsaisonen mitunter geradezu beängstigende Formen an. Nicht selten dampften an den Festtagen, wie an Weihnachten, Neujahr, Ostern oder Pfingsten an einem einzigen Tage bis zu zehn Sonderzüge aus den verschiedensten Gegenden Böhmens und der Sudeten an. Freilich haben die Freiheiter wirtschaftlich aus diesem Gästeansturm nur wenig profitiert, denn der Ort blieb lediglich "Durchgangsstation", aber die Endstation Freiheit/Johannisbad war weit über die Grenzen zu einem Begriff geworden.

Nach dem schicksalsschweren Anschluss an Deutschland 1938 kursierten Gerüchte, denen zufolge die drei Gemeinden Marschendorf I., Freiheit und Oberjungbuch aus wirtschaftlichen Überlegungen zu einem "Großfreiheit" vereinigt werden sollten. Das hätte den Zusammenschluss von etwa 4000 Menschen zu einem großen Industrieort bedeutet. Doch – es kam alles anders!

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