Die Kerzenfabrik Stephan in Freiheit


Historischer Abriss der Kerzenfabrik Stephan 1874 – 1956

von Rosemarie Treitwein geb. Stephan und Franz Johannes H. Stephan

Gegründet hat die Kerzenfabrik unser Urgroßvater Franz Stephan im Jahre 1874. Er war von Beruf Wachszieher und Zuckerbäcker.

Die Grundsteinlegung des neuen Wohn- und Geschäftshauses, Ringplatz 71, erfolgte 1903, siehe eingemauerter Grundstein an der Rückseite des Gebäudes.

Schrittweise vergrößerte er seinen Betrieb und gliederte Gebäude zur Seifen- und Soda-Herstellung an.

Unser Urgroßvater war nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann sondern auch ein sehr engagierter Bürger der Stadt Freiheit. (s. Anlage: Riesengebirgsheimat 56/8 2002)

Nach seinem Tod 1920 übernahm sein Sohn Johann Stephan den Betrieb.

Leider verstarb unser Großvater schon 1930 und die Firma ging an unseren Vater Stephan Franz über.

Franz Stephan 1851 – 1920
Johann Stephan 1879 – 1930


Franz Stephan 1908 – 1956

von Rosemarie Treitwein geb. Stephan und Franz Johannes H. Stephan




Franz Stephan 1908 – 1956

Geboren am 5.9.1908 in Freiheit.

Nach Volksschule und Realschule beendete er 1927 sein Ingenieurstudium (Fachrichtung Chemie) an der Staatsgewerbeschule in Reichenberg.

1930, nach dem Tod seines Vaters Stephan Johann, übernahm er das elterliche Unternehmen und baute es weiter aus. Bis zu Kriegsbeginn konnte er den Betrieb weitestgehend modernisieren. Dann wurden Rohstoffe kontingentiert und männliche Arbeitskräfte knapp.

1941 musste er zur Wehrmacht. Während der Abwesenheit unseres Vaters führte unsere Mutter Elisabeth Stephan geb. Prasnowski, die Prokura erhalten hatte, das Geschäft mit den verbliebenen Arbeiterinnen weiter.

1945 geriet Franz Stephan in russische Kriegsgefangenschaft, konnte aber schon im gleichen Jahr nach Freiheit heimkehren.

1946 erfolgte die Vertreibung nach Langenprozelten am Main.

1947 in Höchstädt / Donau; Wiederaufnahme der Kerzenherstellung in gepachteten Räumen.

1952 Geburt seines Sohnes Franz Johannes Hermann

1956 vom 07.11., plötzlicher und unerwarteter Tod.

Auflösung der Kerzenfabrik Stephan!




Quelle: "Aus Rübezahls Heimat"– Jahrgang 57

Ing. Franz Stephan, Freiheit

Von Dr.-Ing. Josef Liebich

Am 07.11.1956 verschied, wie bereits berichtet, im 48. Lebensjahre in Höchstädt / Donau plötzlich und unerwartet der letzte Chef der Firma Stephan aus Freiheit. Im Betriebe hatte er sich am Nachmittage des 06. November einen ca. 3 Zentimeter langen Holzsplitter in den Daumenballen der rechten Hand gestoßen, zog sich selbst den größten Teil heraus und nahm sogleich ärztliche Hilfe .in Anspruch. Sein Hausarzt überwies ihn sofort ins Krankenhaus, wo man noch einen kleinen Holzsplitter entfernte und als Vorsichtsmaßnahme eine Tetanus-Spritze gab. In bester Verfassung kam er um 20 Uhr abends mit verbundener Hand heim und erzählte freudestrahlend die Hand sei nun in Ordnung. Nach einiger Zeit bekam er jedoch am glänzen Körper einen Juckreiz, der sich bis zur Unerträglichkeit steigerte. Der sofort herbeigeholte Arzt stellte einen schweren Serum-Schock und einen ganz schwachen Puls fest und gab eine entsprechende Spritze.

Nachdem sich aber Stephans Zustand nicht besserte, wurde er erneut ins Krankenhaus gebracht. Seine Gattin[1] begleitete ihn und blieb bei ihm bis halb 12 Uhr nachts. Die Ärzte versicherten ihr, dass nach menschlichem Ermessen die Gefahr nun vorüber sei, sie jetzt nicht helfen könne und lieber ausschlafen möge, da sie um acht Uhr morgens wieder da sein dürfe. Als aber Frau Stephan früh ins Krankenhaus kam, war ihr Mann tot, in der Leichenhalle fand sie ihn wieder, friedlich lächelnd. Um halb 12 Uhr hatte er sich angeblich leicht erhoben, fiel zurück und starb.

Es ist tragisch und erschütternd, wenn ein gesunder, tatkräftiger Mensch in wenigen Stunden aus dem vollen Leben in den allzufrühen Tod von uns für Immer abberufen wird. Franz Stephan wurde am 05. September 1908 in Freiheit geboren. Nach der Volksschule besuchte er die Trautenauer Realschule und ging dann an die Staatsgewerbeschule nach Reichenberg. Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1930 übernahm er mit 22 Jahren das elterliche Unternehmen und führte es mit 60 Angestellten und Arbeitern vorbildlich weiter. Im Jahre 1936 heiratete er die Lehrerin Else Prasnowski. Der glücklichen Ehe entsprossen die Kinder Rosemarie und Franz-Johannes, der Stammhalter und des Vaters ganzes Glück. Zur Wehrmacht kam Franz Stephan 1941, kam sofort nach Russland an die Front.

Auf einer abenteuerlichen Flucht zu Pferd schlug er sich im Kugelregen durch Ostpreußen nach Pillau, von wo er mit dem Schiff auf die Insel Bornholm kam und nun doch in die russische Gefangenschaft geriet. Infolge einer Erkrankung wurde er jedoch schon im September 1945 entlassen und fand bei seiner Heimkehr seinen Betrieb bereits in den Händen der Tschechen vor. Nach einigen Wochen Krankenlager durfte er dann mit seiner Frau als Arbeiter in seinem eigenen Unternehmen arbeiten und musste zusehen, wie Autos, Rohstoffe und Maschinen von den Tschechen verkauft wurden. Im Januar 1946 erfolgte seine Vertreibung nach Lohr a. M. Nach vielen, fast unüberwindlich erscheinenden Schwierigkeiten gelang es ihm, in Höchstädt / Donau eine Wachszieherei zu übernehmen und diese zu einer kleinen Kerzenfabrik auszubauen. Seine Gattin und einige Mitarbeiter seines heimatlichen Unternehmens halfen ihm, den Betrieb wieder auf- und auszubauen, so dass im Juni 1947 mit der Erzeugung begonnen werden konnte.

Schon im Februar 1949 konnte Ing. Stephan eine eigene, weit größere und moderne Werkstatt einweihen und beziehen. Durch die Währungsreform erlitt zwar auch sein Unternehmen einen schweren Rückschlag, doch zeigte sich schon bald darauf ein neuerlicher Aufschwung und es wurde nun auch der Großhandel in Seifen, Waschmitteln und chemisch-technischen Produkten hinzugenommen und zwei Autos angeschafft. Die Lieferungen gehen in der Mehrheit an Klöster, Anstalten. Krankenhäuser und Schulen, die Belieferungsgebiete erstrecken sich bis an die tschechische und österreichische Grenze.

Franz Stephans Leben war nur Liebe und Arbeit für seine Familie und sein deutsches Volk. Eine große Bescheidenheit, Leutseligkeit und eine seltene Güte allen Mitmenschen gegenüber, himmelstürmende, rastlose Arbeitsfreude und ein unerschütterliches Gottvertrauen prägten seinen vorbildlichen Charakter. Die Erfüllung seiner Pflichten seinem Volke gegenüber war ihm selbstverständlich. Er war in seiner Heimat bei allen Landsleuten so bekannt und beliebt, dass es stets zu einem Erlebnis für ihn wurde, sobald er irgendwo auf einer seiner Reisen einen Riesengebirgler traf. Auch nach der Vertreibung, bei den Einheimischen, kam er durch seine Energie, seinen unermüdlichen Fleiß und seine Rechtschaffenheit bald zu Ansehen und hatte sich das Vertrauen und die Liebe aller erworben, mit denen er irgendwie zu tun hatte. Seine letzte große Freude bereitete ihm seine Tochter Rosemarie, die am Dillinger Gymnasium im vorigen Jahr das beste Abitur ablegte und an der Universität in München Mathematik-Physik studiert.

Die unermessliche Arbeitsüberbürdung, ständigen geschäftlichen Sorgen, nicht zuletzt die seelischen Erschütterungen, die der Krieg, die Gefangenschaft und die Vertreibung aus der Heimat ihm brachten, hatten sicherlich seine körperlichen Widerstandskräfte zermürbt und zu seinem plötzlichen, tragischen Ende beigetragen. Franz Stephan war ein treuer, verlässlicher Freund, der Frohsinn, Humor und Geselligkeit liebte, so dass er auch fast nie unsere kampfesfreudigen, fröhlichen, Dienstag-Kegelabende auf der Pettirsch-Kegelbahn in Trautenau versäumte. Von einer tiefen Liebe aber war er vor allem zu seinem Riesengebirge erfüllt. Sein allzufrüher Heimgang wird daher nicht nur von seiner Gattin, die ihm eine wahre Lebenskameradin war, seinen Kindern, der hochbetagten Mutter und den Schwestern betrauert, an seiner Bahre standen auch sehr viele Freunde, seine Landsleute aus allen Teilen des Riesengebirges. Wie beliebt er war, zeigte die große Beteiligung an seiner Beerdigung. Es weinte buchstäblich die ganze Stadt mit den trauernden Angehörigen. Denn jeder hatte ihn gekannt und mit jedem Menschen hatte er schon ein freundliches Wort gewechselt. Es war bezeichnend für seine liebenswürdige, stets freundliche Wesensart, jedes alte Weiblein auf der Straße zu grüßen.

Leider ist es auch ihm nicht vergönnt gewesen, seine geliebte, unvergessliche Riesengebirgsheimat wiederzusehen. So möge er in fremder, aber deutscher Erde von seinen Sorgen und seinen Erfolgen in Frieden ruhen. In der Erinnerung seiner lieben Angehörigen und seiner Freunde und Landsleute aber wird er stets weiterleben, und immer Vorbild sein, denn: "Tot ist nur, wer vergessen ist!"


[1] Elisabeth Stephan, geb. Prasnowski, * am 20.07.1908 in Teschen und † am 08.04.1994 in Bad Wildungen.





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