Quelle:Geschichte der Stadt Freiheit. Zur Eröffnung des Heimatmuseumsim Jahre 1927.

Wie Rübezahl den "Goldenen Rehorn" erschuf 

Eines Morgens hält Rübezahl Bergandacht. Der Zackelfall spielt die Orgel, in den Felsengestühlen stehen die Fichten und singen ein rauschende Weise mit. Die heilige Musik verrinnt in die Täler abwärts, und eine rauschende Welle streift das Ohr Emmas, der Fürstentochter. Sie geht den Tönen nach, die zarter sind, als der Kuss einer Mutter und gewaltiger erdröhnen als das Echo gesprengter Felsen.

Die Fürstentochter schleicht sich bis an die himmlische Bergkette Rübezahls, aus der der wunderbare Chor strömt. Sie steht stille, aber ihr knisterndes Seidenkleid, das der Wind bewegt, verrät sie.

Rübezahl erblickt die Anmutige. Ihr Schrecken macht sie noch schöner – sie will fliehen, Rübezahl aber hält sie fest und schwört ihr seine Liebe. Sie öffnet den Mund: "Hilfe . . ."! Der Schrei erstickt im Gebrause der Natur, und schnell drückt Rübezahl die Ängstliche in seine Arme und trägt sie auf sein Bergschloss, so eilig und so leicht, dass kein menschliches Wesen es gewahr wird. Das arme Kind weint umsonst und verlangt vergebens nach den Eltern.

Rübezahl baut in wenigen Tagen den Rehorn und füllt die Bergkammern mit dem lautersten Gold, um der Herzensgespielin die Trauer zu nehmen. Er wähnt, ihr Heimweh so zu besiegen. Und dass sie nach Art der Könige, die auf den Dächern ihrer Paläste lustwandeln, auf der unebenen Fläche des Rehorns spazieren gehen könne, pflanzt er einen blumigen Garten darauf, wie es keinen schöneren gibt weit und breit. Denn tritt sie aus ihrem Gemach ins Freie, soll ihr lieblicher Fuß über duftige Gräser schreiten und der Wohlgeruch der süßesten Honigkräuter sie umwehen und der Glanz von Millionen farbiger Sterne in ihr helles Auge lachen.

So sorgte der ritterliche Buhle für seine Emma und ließ es an nichts fehlen, um ihr Herz als Gatte zu gewinnen.

Über all dieser Pracht und dem Reichtum, den Rübezahl dem geliebten Wesen zu Füßen schüttete, vergaß die Holde des Menschengeschlechtes nicht und sann beständig auf Flucht. – Wie sollte es auch anders sein?

Keine Miene verriet die heimlichen Gedanken. Sie tat, als ob sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden und drängte Rübezahl, ihr ein Badehaus zu bauen. Er zögerte, aber sie wurde unwillig; endlich versprach er ihren Wunsch zu erfüllen.

Die Kluge hatte den Gewaltigen überlistet. Als er nach einigen Tagen heimkam, war sie fort.

Er suchte und rief sie, aber ihre Stimme antwortete nicht. Er wurde missmutig und ließ den Rehorn verfallen.

Seitdem ist das Gold darin verschwunden und der Park verwildert. Die Menschen steigen nun hinauf auf schweren Sohlen und zertrampeln die zarten Blumen, geschaffen nur für Elfenfüßchen.

Und doch! Trittst du heute noch auf die Hänge des Rehorns, du spürst den Zauber des einstigen Eden.


 
Eine von vielen bunten Wiesen im Rehorn
 
Eine der blühenden Blüten

< Home >

© Copyright 2005, www.riesengebirgler.de / www.freiheit.de.hm